loader image

Zurück zur Content-Seite

Media & Entertainment | Urheberrecht

von | Sep 2023

Deepfakes – Die juristischen Herausforderungen der digitalen Manipulation 

Foto von Mateusz Klein

In einer Welt, in der digitale Technologien immer raffinierter werden, steht die Menschheit vor einer neuen Herausforderung – der Ära der „Deepfakes“. Diese fortschrittliche Technologie hat die Fähigkeit, die Grenzen zwischen Realität und Fiktion zu verwischen und stellt somit eine bedeutende Veränderung in unserer Art und Weise dar, wie wir Informationen wahrnehmen. Neben den zunächst harmlos erscheinenden Anwendungsbereichen, wie zum Beispiel in der Unterhaltungsbranche, können Deepfakes hinsichtlich ihrer missbräuchlichen Verwendung zu tiefgehenden rechtlichen Problemen führen. Doch was genau sind Deepfakes und wie sind sie rechtlich einzuordnen? Aufgrund der Komplexität des Themas, geben wir in diesem Beitrag lediglich einen ersten Überblick.

Deepfakes – Eine kurze Erklärung

Bei Deepfakes handelt es sich um täuschend echt wirkende Bild-, Audio- oder auch Videoaufnahmen, die durch die Technik des „Deep Learning“ und künstliche neuronale Netzwerke erzeugt werden. Die dadurch entstehenden Inhalte zeichnen sich dadurch aus, dass sie so überzeugend sind, dass sie von echten Aufnahmen kaum zu unterscheiden sind.

Die Fähigkeit von Deepfakes, Menschen in manipulierte Szenarien zu versetzen oder gefälschte Informationen zu erzeugen, birgt erhebliche ethische, rechtliche und gesellschaftliche Herausforderungen. Sie können für betrügerische Zwecke, politische Manipulation, Desinformation und Verletzungen der Privatsphäre missbraucht werden. Jedoch ist es auch wichtig zu betonen, dass Deepfakes nicht nur als negatives Ergebnis der Technologie betrachtet werden. In der Unterhaltungsbranche oder auch bei der Verbesserung von Computergrafiken können Deepfakes sinnvoll eingesetzt werden. Dennoch ist es entscheidend, die potenziellen Risiken von Deepfakes zu verstehen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ihre negativen Auswirkungen zu minimieren.

Deepfakes als juristische Herausforderung

Die Verbreitung von Deepfakes stellt das Rechtssystem vor eine Reihe von ernsthaften Herausforderungen und rechtlichen Fragen.

1. Urheberrecht

Deepfakes können auf urheberrechtlich geschütztem Material basieren, wie z.B. Filmausschnitten oder Musik. Die Nutzung solcher geschützten Inhalte ohne die Erlaubnis der Rechteinhaber kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen.

Um selbst urheberrechtlichen Schutz genießen zu können, müssten Deepfakes Werke im Sinne des § 2 II UrhG sein. Werke sind persönliche geistige Schöpfungen des jeweiligen Urhebers. Damit muss sich für die Entstehung des Urheberrechtsschutzes die Persönlichkeit eines Menschen im Erzeugnis widerspiegeln. Für KI-Erzeugnisse bedeutet das, dass ein hinreichender menschlicher Einfluss auf das konkrete KI-generierte Erzeugnis bestanden haben muss, damit eine persönliche geistige Schöpfung vorliegen kann.

Die Bediener (Prompter) der generativer KI-Systeme, die der KI-Handlungsanweisungen, sogenannte Prompts, aufgeben, haben zumindest theoretisch einen großen Einfluss auf das generierte KI-Erzeugnis. Wer zum Beispiel ChatGPT eine Rede zu bestimmten Stichwörtern schreiben lässt, gibt der KI zumindest die Richtung vor, wie und für wen der Text geschrieben werden soll. Dennoch können Prompter die kreativen Eigenheiten dessen, was durch die KI erschaffen wird, nicht im Detail vorhersehen. Der Prompter liefert vielmehr die Idee, welche die Algorithmen aktiviert und die dem konkreten KI Erzeugnis zugrunde liegt. Solange der Prompter also bloße Ideen eingibt, kann jedenfalls grundsätzlich kein urheberrechtlicher Schutz des KI-generierten Erzeugnisses für den Prompter bestehen, auch wenn sich das im Einzelfall sicherlich anders beurteilen lässt.

2. Persönlichkeitsrechte

Deepfakes können auch Persönlichkeitsrechte verletzten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt nach der Rechtsprechung des BVerfG zu Abbildungen „vor der Verbreitung eines technisch manipulierten Bildes, das den Anschein erweckt, ein authentisches Abbild einer Person zu sein.“ Als Selbstdarstellungsschutz hat der Träger des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts „zwar kein Recht darauf, von Dritten nur so wahrgenommen zu werden, wie er sich selbst gerne sehen möchte […], wohl aber ein Recht, dass ein fotografisch erstelltes Abbild nicht manipulativ erstellt ist, wenn es Fritten ohne Einwilligung des Abgebildeten zugänglich gemacht wird.“ (BVerfG NJW 2005, 3271 (3272)).

Der betroffenen Person stünde daraufhin ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch gemäß.  § 1004 Abs.  1 BGB analog i.V.m. Art.  2 Abs. 1 GG zu.

Eine Rechtfertigung für das Erstellen und Verbreiten von Deepfakes fällt sehr schwer. Bei der Verbreitung von unwahren Informationen oder der verfälschten Wiedergabe von Informationen greift die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs.  1 GG nicht, da dies erst gar nicht in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fällt. Werden Deepfakes als offensichtlich satirische Darstellungen verwendet, könnten diese durch die Kunstfreiheit aus Art.  5 Abs.  3 GG gerechtfertigt sein. Dies bedarf jedoch einer ausführlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung.

3. Datenschutz

Da in Deepfakes die Gesichter von den betroffenen Personen erkennbar sind und dementsprechend die Personen identifiziert werden können, handelt es sich um Personenbezogene Daten gem. Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Die DSGVO ist somit einschlägig. Folglich kann die Herstellung als auch die Verbreitung von Deepfakes gemäß der DSGVO unzulässig sein.

Ausblick

Deepfakes sind eine faszinierende, aber auch gefährliche Technologie, die das Potenzial hat, unsere Wahrnehmung der Realität zu verändern.

Betroffene können im Ergebnis wohl mit größtem Erfolg über die Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorgehen. Eine strafrechtliche Relevanz dürfte dagegen nur bei ehrverletzendem Charakter von KI-Inhalten und somit allenfalls in Ausnahmefällen infrage kommen. Die konkreten Handlungsmöglichkeiten hängen jedoch immer vom Einzelfall ab.

nyr Law, Law of Tomorrow, Kanzlei für IP / Intellectual Property / Gewerblicher Rechtschutz, Media und IT, black

CLOSE

Intellectual Property

Media & Entertainment

Legal Design / Innovation