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Intellectual Property | Trademark Law

by | Jan 2024

Nizzaer Klassifikation und digitale Welten – Wie melde ich digitale Produkte zum Markenschutz korrekt an?

Foto von Ruan Richard Rodrigues

Ein Leitfaden für Markenanmelder, die digitale Produkte und Dienstleistungen schützen wollen

Was ist die Nizzaer Klassifikation?

Die Nizzaer Klassifikation ist ein internationales System zur Einteilung von Waren und Dienstleistungen für den Markenschutz. Sie wurde 1957 von der Nizzaer Vereinbarung über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken geschaffen und wird regelmäßig aktualisiert. Die Nizzaer Klassifikation besteht aus 45 Klassen, von denen 34 Waren und 11 Dienstleistungen umfassen. Jede Klasse ist durch eine Nummer und einen Titel gekennzeichnet, der den allgemeinen Bereich der Waren oder Dienstleistungen beschreibt. Außerdem enthält jede Klasse eine alphabetische Liste von Waren oder Dienstleistungen, die zu dieser Klasse gehören, sowie erläuternde Anmerkungen, die den Umfang der Klasse oder bestimmter Begriffe klären. Am 1. Januar 2024 ist Version 2024 der 12. Ausgabe der Nizza-Klassifikation (NCL 12-2024) in Kraft getreten und liefert wichtige Änderungen im Rahmen der Anmeldung von Marken für digitale Produkte.

Warum ist die Nizzaer Klassifikation wichtig für die Markenanmeldung?

Die Nizzaer Klassifikation ist wichtig für die Markenanmeldung, weil sie eine einheitliche und vergleichbare Basis für die Bestimmung des Schutzumfangs einer Marke bietet. Wenn Sie eine Marke anmelden wollen, müssen Sie angeben, für welche Waren oder Dienstleistungen Sie die Marke schützen wollen. Dabei müssen Sie die Waren oder Dienstleistungen in einer oder mehreren Klassen der Nizzaer Klassifikation angeben. Die Wahl der richtigen Klassen ist entscheidend, da sie die Reichweite und die Durchsetzbarkeit Ihrer Marke beeinflusst. Sie sollten daher die Klassen sorgfältig auswählen, um sicherzustellen, dass Sie alle relevanten Waren oder Dienstleistungen abdecken, aber auch keine unnötigen oder irreführenden Klassen angeben, die Ihre Markenanmeldung verzögern oder ablehnen lassen könnten.

Wie melde ich digitale Produkte zum Markenschutz korrekt an?

Digitale Produkte sind Waren oder Dienstleistungen, die in digitaler Form existieren oder über digitale Kanäle angeboten werden. Beispiele für digitale Produkte sind Software, Apps, E-Books, Online-Spiele, Streaming-Dienste, Podcasts, Webseiten, Online-Kurse, Social-Media-Plattformen, virtuelle Realität, künstliche Intelligenz und Blockchain. Die Anmeldung von digitalen Produkten zum Markenschutz kann eine Herausforderung sein, da die Nizzaer Klassifikation nicht immer die neuesten Entwicklungen in der digitalen Welt widerspiegelt. Daher müssen Sie bei der Auswahl der Klassen für Ihre digitalen Produkte einige Punkte beachten:

  • Digitale Produkte können sowohl als Waren als auch als Dienstleistungen klassifiziert werden, je nachdem, wie sie vertrieben oder genutzt werden. Zum Beispiel kann eine Software als Ware in Klasse 9 angemeldet werden, wenn sie auf einem physischen Datenträger verkauft wird, oder als Dienstleistung in Klasse 42 angemeldet werden, wenn sie online oder als Download zur Verfügung gestellt wird.
  • Digitale Produkte können mehrere Funktionen oder Zwecke haben, die verschiedenen Klassen zugeordnet werden können. Zum Beispiel kann eine App, die Musik streamt, sowohl in Klasse 9 (als Software) als auch in Klasse 41 (Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten) angemeldet werden, wenn sie einen Unterhaltungswert hat. Sie sollten daher alle relevanten Klassen angeben, die den Wesensmerkmalen Ihrer digitalen Produkte entsprechen.
  • Digitale Produkte können neue oder ungewöhnliche Begriffe verwenden, die nicht in der Nizzaer Klassifikation enthalten sind oder nicht klar definiert sind. Zum Beispiel kann eine Blockchain-Plattform, die einen dezentralen Marktplatz für digitale Kunst ermöglicht, nicht leicht einer bestehenden Klasse zugeordnet werden. Sie sollten daher versuchen, Ihre digitalen Produkte so genau wie möglich zu beschreiben, indem Sie gängige oder verständliche Begriffe verwenden, die den Inhalt, die Funktion, den Zweck oder den Nutzen Ihrer digitalen Produkte erklären. Sie sollten auch die erläuternden Anmerkungen der Nizzaer Klassifikation konsultieren, um zu sehen, ob es Hinweise oder Beispiele für die Klassifizierung von ähnlichen oder verwandten Begriffen gibt.

Zusätzlich zu diesen allgemeinen Punkten sollten Sie auch die neuesten Änderungen in der Nizzaer Klassifikation berücksichtigen, die in der Version 2024 der 12. Auflage vorgenommen wurden. Diese Ausgabe verfügt über weitere neue Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit virtuellen Welten („Metaverse“), NFTs, künstlicher Intelligenz, Blockchain-Technologie, Krypto sowie virtuellen Waren/Dienstleistungen. Anliegend haben wir eine kleine Zusammenfassung der wichtigsten Begrifflichkeiten aufgeführt (Stand 23. Januar 2024) [weitere Informationen zur aktuellen Ausgabe finden Sie hier: https://www.wipo.int/classifications/nice/en/]:

Diese Begriffe können Ihnen helfen, Ihre digitalen Produkte zum Markenschutz korrekt anzumelden, wenn sie in virtuellen Welten angeboten oder genutzt werden. Sie sollten jedoch beachten, dass diese Begriffe nicht erschöpfend sind und dass Sie möglicherweise weitere oder andere Begriffe benötigen, um Ihre digitalen Produkte angemessen zu beschreiben. Sie sollten auch darauf achten, dass Sie keine Begriffe verwenden, die irreführend oder zu allgemein sind, wie zum Beispiel “virtuelle Welten” oder “virtuelle Realität” allein, da diese Begriffe nicht klar genug angeben, welche Art von Waren oder Dienstleistungen Sie schützen wollen.

Um Ihnen bei der Anmeldung von virtuellen Waren und Dienstleistungen zu helfen, möchten wir Ihnen dabei die folgenden Hinweise erteilen (weitere Informationen erhalten Sie auch bei den Markenämtern und deren herausgegebenen Richtlinien in Markensachen. Die nachfolgenden Beispiele orientieren sich z.B an den Richtlinien in Markensachen des IGE in der Schweiz):

Virtuelle Waren

Virtuelle Waren sind nicht-physische Gegenstände, welche in virtuellen Umgebungen verwendet werden. Sie bestehen im Wesentlichen aus digitalen Inhalten, weswegen sie wie alle anderen herunterladbaren digitalen Waren in Klasse 9 und nicht in der Klasse der entsprechenden physischen Waren zu klassieren sind. Der Begriff virtuelle Waren als solcher ist jedoch zu wenig präzise für eine Klassierung. Für die korrekte Klassierung einer virtuellen Ware muss kumulativ folgendes erfüllt sein:

  • Damit klargestellt wird, dass es sich effektiv um eine Ware und nicht um eine Dienstleistung handelt, muss die Ware mit dem Zusatz «herunterladbar» ergänzt werden.

  • Die Ware muss präzise genannt werden. Es gelten die gleichen Kriterien wie für die Klassierung der entsprechenden physischen Waren.

Eine Formulierung wie «herunterladbare virtuelle Waren im Bereich xy» wird auch in dieser Konstellation nicht akzeptiert.

Beispiele für zulässige Formulierungen in Klasse 9:

  • «herunterladbare virtuelle Bekleidung»

  • «herunterladbare virtuelle Spielwaren»

  • «herunterladbare virtuelle Baumaterialien»

Non-Fungible Token (NFT)

Bei einem Non-Fungiblen Token (NFT) handelt es sich um ein einzigartiges digitales Zertifikat, das in einer Blockchain registriert ist und dazu dient, das Eigentum an einem Vermögenswert, beispielsweise an einem digitalen Kunstwerk festzuhalten, oder das als Echtheitszertifikat für eine physische Ware wirkt. Non-Fungible Tokens sind für sich genommen keine klassifizierbaren Waren oder Dienstleistungen im Sinne der Nizzaer Klassifikation. Die Bezeichnungen «NFTs» bzw. «Non-Fungible Tokens» müssen präzisiert werden

Sollen Non-Fungible Tokens in Bezug auf Waren klassiert werden, müssen die Waren genannt werden, die durch NFTs authentifiziert werden. Beispiele für zulässige Formulierungen:

  • Kl. 9: «durch Non-Fungible Tokens [NFTs] authentifizierte herunterladbare digitale Bilddateien»

  • Kl. 9: «durch Non-Fungible Tokens [NFTs] authentifizierte herunterladbare virtuelle Schuhe»

  • Kl. 25: «durch Non-Fungible Tokens [NFTs] authentifizierte Bekleidung»

Bei den Dienstleistungen ist zu unterscheiden. Es kann sich beispielsweise um Dienstleistungen handeln, deren Gegenstand durch einen NFT authentifiziert wurde. Diesfalls ist die entsprechende Dienstleistung präzise zu bezeichnen und es kann der Gegenstand, d.h. die durch den NFT authentifizierte Ware, genannt werden. Beispiel für eine zulässige Formulierung:

  • Kl. 35: «Bereitstellung eines Online-Marktplatzes für Käufer und Verkäufer von durch NonFungible Tokens [NFTs] authentifizierten herunterladbaren digitalen Bilddateien»

Es kann sich aber auch um Dienstleistungen handeln, die NFTs als solche zum Gegenstand oder Thema haben. In solchen Fällen können die Bezeichnungen «Non-Fungibler Token» oder «NFT» durchaus ohne zusätzliche Präzisierung Sinn machen und verwendet werden. Beispiele für zulässige Formulierungen:

  •  Kl. 41: «Ausbildung im Bereich Non-Fungible Tokens [NFTs]» 

  • Kl. 42: «Online-Bereitstellung von nicht herunterladbarer Software für die Prägung von NonFungible Tokens [NFTs]»

Dienstleistungen in virtuellen Umgebungen

Das Mittel, mit dem eine Dienstleistung erbracht wird, hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Klassifizierung der Dienstleistung. Finanzberatung wird beispielsweise in Klasse 36 eingeordnet, unabhängig davon, ob die Erbringung der Dienstleistung persönlich, telefonisch, online oder in einer virtuellen Umgebung erfolgt. Diese Anmerkung gilt jedoch nicht, wenn sich der Zweck oder das Ergebnis einer Dienstleistung aufgrund des Mittels oder des Ortes ihrer Erbringung ändert. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn bestimmte Dienstleistungen in einer virtuellen Umgebung erbracht werden.

So beinhalten der Klasse 39 zugeordnete Transportdienstleistungen die Beförderung von Waren oder Personen von einem physischen Ort zu einem anderen. In einer virtuellen Umgebung haben diese Dienstleistungen jedoch nicht denselben Zweck oder dasselbe Ergebnis und müssen für eine entsprechende Klassifizierung erläutert werden, z.B. «in virtuellen Umgebungen simulierte Reisedienstleistungen zu Unterhaltungszwecken» (Kl. 41). Nebst den Transportdienstleistungen trifft dies beispielsweise auch auf Verpflegungsdienstleistungen zu. Diese dienen der Ernährung einer physischen Person, was in einer virtuellen Umgebung nicht möglich ist.

Ähnlich verhält es sich bei der Materialbearbeitung. Diese Dienstleistung der Klasse 40 bezieht sich auf die Bearbeitung physischer Objekte. Wenn jedoch in einer virtuellen Umgebung scheinbar Material bearbeitet, z.B. Holz zersägt wird, verändert sich keine physische Ware, sondern nur das Abbild der bearbeiteten Ware. Somit wird in einer virtuellen Umgebung die Dienstleistung nur simuliert und dies erfüllt einen anderen Zweck als in der physischen Welt, etwa einen unterhaltenden, bildenden oder einen Werbe-Zweck. Die Dienstleistungen müssen folglich entsprechend ausformuliert und klassiert werden. Beispiele für zulässige Formulierungen:

  • Kl. 41: «in virtuellen Umgebungen bereitgestellte Unterhaltungsdienstleistungen bezüglich Materialbearbeitung»
  • Kl. 41:«in virtuellen Umgebungen bereitgestellte Ausbildungsdienstleistungen bezüglich Materialbearbeitung»
  • Kl. 41: «in virtuellen Umgebungen simulierte Verpflegungsdienstleistungen zu Unterhaltungszwecken»
  • Kl. 35: «in virtuellen Umgebungen simulierte Verpflegungsdienstleistungen zu Werbezwecken»

Daneben gibt es diverse weitere Dienstleistungen, die in virtuellen Umgebungen erbracht und auch entsprechend klassiert werden können. Beispiele für zulässige Formulierungen:

  • Kl. 35: «Marketing durch Produktplatzierung für Dritte in virtuellen Umgebungen»
  • Kl. 36: «in virtuellen Umgebungen erbrachtes Online-Banking»
  • Kl. 38: «Bereitstellung von Chatrooms in virtuellen Umgebungen»
  • Kl. 41: «in virtuellen Umgebungen bereitgestellte Unterhaltungsdienstleistungen»

Schließlich ist zu beachten, dass der Begriff «virtuelle Umgebungen» international der bevorzugte Begriff ist, in der Schweiz jedoch auch Begriffe wie «virtuelle Welten» oder «Metaverse» als Synonyme verwendet werden können. In gewissen Ländern ist «Metaverse» als Marke eingetragen, weshalb dieser Begriff international nicht überall akzeptiert wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Anmeldung von digitalen Produkten zum Markenschutz eine sorgfältige Recherche und eine klare Beschreibung erfordert, um die richtigen Klassen der Nizzaer Klassifikation zu wählen. Wenn Sie Zweifel oder Fragen haben, sollten Sie sich an einen Markenexperten wenden, um Unterstützung zu erhalten.

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